Der Rotmilan im Winter

© Michael Gerber / Birds-online.ch

Ende November 2023 fand die 15. schweizweite Rotmilan-Schlafplatzzählung statt.

Anfangs Januar 2024 erfolgte die internationale Rotmilan-Schlafplatzzählung. Bei dieser Synchronzählung werden seit 2007 jedes Jahr in ganz Europa die Rotmilane an ihren Schlafplätzen gezählt.

Die an diesen Tagen erhobenen Zahlen sollen Informationen über das Zugverhalten der Vögel liefern und Aufschluss darüber geben, ob und wie sich dieses über die Jahre hinweg verändert.

Der NV Flaachtal beteiligte sich auch in diesem Winter wieder an beiden Zählungen.

In diesem Zusammenhang möchten wir Ihnen hier einen kleinen Einblick in das spannende Zug- und Überwinterungsverhalten des Rotmilans geben und unsere Ergebnisse mit Ihnen teilen.

© Stephanie Kobza
© Michael Gerber / Birds-online.ch

Das Zugverhalten des Rotmilans

Der Rotmilan gilt als Standvogel und Kurzstreckenzieher.1 In Südeuropa und Grossbritannien überwintert er als Standvogel überwiegend in seinem Brutgebiet, wohingegen ein grosser Teil der mitteleuropäischen Population in Südfrankreich und auf der Iberischen Halbinsel überwintert und somit zu den Kurzstreckenziehern gezählt wird.

Allerdings ziehen nicht alle mitteleuropäischen Rotmilane in den Süden. Vor allem unter adulten 2 Rotmilanen beobachtet man in unseren Breitengraden die Tendenz, in den Brutgebieten zu überwintern, solange es das Nahrungsangebot zulässt. Andere Individuen ziehen auch nur über eine Teilstrecke, bis sie in eine mildere und damit nahrungsreichere Gegend gelangen.

Die Tiere sparen damit sehr viel Energie, die sie für die Reise aufwenden müssten, und können ihre Reviere zu Frühlingsbeginn besetzen, noch bevor ihre Artgenossen aus dem südlichen Europa zurückkehren.

Bei einem starken Wintereinbruch und daraus folgendem Nahrungsmangel können aber auch die im Brutgebiet ausharrenden Individuen sogar noch im Februar in wärmere Gegenden abziehen.

© Vogelwarte Sempach

Schlafgesellschaften

© Stephanie Kobza

Die nicht weggezogenen Rotmilane bilden jeweils ab dem Herbst Wintergesellschaften. Dabei versammeln sich die Tiere abends zu grösseren Gruppen, um anschliessend gemeinsam auf ausgewählten Schlafbäumen zu übernachten. Auf diese Weise finden sie nachts Schutz in der Gruppe, da stets ein Individuum wachen und vor allfälligen Gefahren warnen kann.

Am Morgen lösen sich die Schlafgesellschaften dann wieder auf, und die Rotmilane begeben sich individuell auf Nahrungssuche.

Ergebnisse der Zählungen im Winter 2023 / 2024 im Flaachtal

Die Mitglieder des Naturschutzvereins Flaachtal konnten im November 2023 insgesamt 72 Individuen auf mehreren Teil-Schlafplätzen zählen, im Januar waren es 79 Rotmilane.

Diese Zahlen entsprechen in etwa dem langjährigen Mittelwert.

Eine Rotmilanzählung miterleben

Vielleicht haben Sie ja beim Lesen Lust bekommen, auch einmal bei einer solchen Zählung mitzuwirken? Wir würden uns freuen! Sie können uns gerne unter info@nvflaachtal kontaktieren.

Die Daten für die nächsten Zählungen werden wir auf dieser Homepage unter “Veranstaltungen” aufschalten, sobald sie uns zur Verfügung stehen.

© Stephanie Kobza

Erklärungen

1 Als Kurzstreckenzieher bezeichnet man Arten, die selten mehr als 2000 km zurücklegen, um in ihr Überwinterungsgebiet zu gelangen.

2 Als adult gilt ein Rotmilan ab seinem vierten Lebensjahr.

© Marianne Fischer

Literatur

Theodor Mebs, Daniel Schmidt: Die Greifvögel Europas, Nordafrikas und Vorderasiens. Biologie, Kennzeichen, Bestände. 2. Auflage. Kosmos, Stuttgart 2014, ISBN 978-3-440-14470-1: S. 57 / S. 328